[science-at] [Spam] Re: Open Science Fragen an die Parteien
Joachim Losehand
joachim at losehand.at
Fri Aug 2 05:30:21 UTC 2013
Am Freitag, den 02.08.2013, 00:58 +0200 schrieb Thomas Lohninger
<thomas at lohninger.org>:
> On Aug 1, 2013, at 18:08 , Joachim Losehand wrote:
> Wo Forschung auf emprischen Grundlagen beruht, wie Meßergebnissen,
> Artefakten aller Art usw. ist das ohne Zweifel richtig. Ich habe mich
> nur an der Allgemeinheit der Formulierung "Qualitätsmerkmal von
> primär öffentlich geförderter Forschung" gestört, zumal ich, wie
> richtig geraten, zur Fraktion der Nutzlos-Wissenschaften (früher:
> Orchideen-Disziplinen) gehöre. :)
>
> Als Anthropologe (oft als Orchideenfach bezeichnet, obwohl 4-stellige
> Neuanfänger jedes Semester) kann ich dem nicht zustimmen.
> Anthropologen erzeugen zwar keine "harten" Daten und haben keine
> Relevanz in der MINT-Ideologie, die Rohdaten aus dem
> Forschungsprozess
> sollten aber trotzdem offengelegt werden.
>
> Forschungstagebücher, Audio-/Videomaterial, Transkripte, etc.
> fließen zwar in die Anthropologische Forschung ein, werden selbst
> jedoch nicht veröffentlicht. Auch Ansprüche wie in der Physik auf
> gebundene Tagebücher und dokumentenechte Schreibstifte gibt es nicht.
>
> Bronislaw Malinowskis Tagebücher [...]
Auch die Anthropologien arbeiten mit Beoachtungen und empirisch
gewonnenen Ergebnissen und eignen sich ähnlich den Archäologien für
eifrige Tagebuchschreiber ... :) Darum ist hier wie dort natürlich, aber
auch in vielen anderen Fächern der Wunsch groß, diese unmittelbaren
Grundlagen ("Rohdaten") öffentlich zugänglich zu sehen, zumal diese ja
oft aufgrund von Zerstörungen und der Flüchtigkeit die einzigen
Zeugnisse sein können. Ich glaube, mit dem Einsatz von digitalen
Werkzeugen werden wir auch hier sukzessive einen Wandel erleben; bislang
tehen bzw. standen dieser Veröffentlichung jedoch große Probleme im Weg,
wie technisch-editorische Fragen bzw. der aufwendige Zwischenschritt des
Satzes bzw. der Digitalisierung.
Nichtsdestotrotz stör(t)e ich mich am Begriff des "Qualitätsmerkmals".
Die öffentliche Zugänglichmachung von Material, Aufzeichnungen. Skizzen,
Berichten usw. kann sicher heute als "gute wissenschaftliche Praxis"
bezeichnet oder proklamiert werden. "Gute wissenschaftliche Praxis" ist
es aber auch, richtig zu zitieren und nicht zu plagiieren. Es ist aber
kein Merkmal, das etwas über die Qualität einer Forschungsarbeit
aussagt, in der keine Plagiate enthalten sind. Ebengleiches gilt für die
Veröffentlichung aller Daten und Aufzeichnungen im Arbeitsprozeß einer
Forschung.
Gruß, Jo.
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